44 Tage „Blue Tiger Radio“

Münchener Piratensender in den 1960er-Jahren

Obwohl in Deutschland der Betrieb von Radiosendern schon seit seiner Frühzeit gesetzlich streng reguliert war, gab es auch immer wieder Zeitgenossen, die sich über die einschlägigen Vorschriften hinwegsetzen und aus unterschiedlichen Motivationen illegal „in die Luft“ gingen. In den 1960er-Jahren hatten Piratensender Hochkonjunktur und natürlich auch die Peiltrupps des FTZ. Der Autor sprach mit einem damaligen Münchener „Piratenfunker“.

München in den 1960er-Jahren: Das Musik- und Unterhaltungsprogramm des Bayerischen Rundfunks entsprach zum überwiegenden Teil ganz und gar nicht dem Geschmack der Jugend, die eher auf Pop- und Rockmusik von Beatles, Rolling Stones und Co. stand. Alternativen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk gab es damals kaum – außer den Sendern der Besatzungstruppen („AFN“ der amerikanischen oder in NRW „BFBS“ der britischen Armee). Private Rundfunkanbieter wurden erst viel später zugelassen.

Beatles statt Jodelmusik
Kein Wunder, dass in dieser Zeit immer wieder junge Leute auf die Idee kamen, mit eigener Technik und einem nach eigenem Geschmack zusammengestellten Programm auf Sendung zu gehen. Klaus-Peter Schulze, Jahrgang 1952, und seine drei Klassenkameraden Peter, Donald und Harald aus dem nördlichen Münchener Stadtteil Moosach gehörten zu den seinerzeit nicht wenigen „Funkpiraten“, die diese Idee in die Tat umsetzten. Es war nicht schwer, die nötigen technischen Fachkenntnisse zu erwerben. Schulze hatte bei der Bundespost gerade eine Lehre als Fernmeldetechniker begonnen. Das reichte allerdings noch nicht, um einen funktionierenden Sender zu bauen. „Ich hatte schon ein paar Jahre vorher Interesse an Elektronik und habe als Elfjähriger bereits Radios gebastelt. Das nötige Wissen über Radio- und Hochfrequenztechnik stammte aus den Büchern von Heinz Richter, Werner W. Diefenbach, Karl Schultheiß, Hans Sutaner (der eigentlich „Renatus“ hieß) und den anderen damals populären Autoren der Radiotechnik-Bücher, die ich mir in der Stadtbücherei ausgeliehen hatte“, erzählt Schulze. Die erforderlichen Bauteile gab es in München am Marienplatz bei Radio Holzinger (heute ist hier eine Filiale der Deutschen Bank). „Im ersten Stock gab es alles, was das Herz des Radiobastlers höher schlagen ließ: Kondensatoren, Widerstände, Trafos, Drehkondensatoren. Und das alles zu günstigen Preisen. Mein Taschengeld war ja schließlich nur sehr knapp bemessen.“ Bei Radio RIM am Hauptbahnhof hat Schulze nicht so gerne eingekauft. „Das war damals der teurere Laden. Und die Verkäufer haben immer so ,gscheit´ getan.“

Bild 1. Das Moosacher Sendepiratenquartett 1968: ganz links Klaus-Peter Schulze (mit Kopfhörer und einer 807 in der Hand, die heute in seinem KW-Sender noch ihren Dienst verrichtet), daneben Peter, Donald und Harald. Zu seinen damaligen Freunden hat Schulze heute keine Verbindung mehr und kann über sie auch leider nichts mehr berichten.  (Ausriss aus BRAVO vom 15. April 1968 [1] © Bauer Media Group)

Bild 1. Das Moosacher Sendepiratenquartett 1968: ganz links Klaus-Peter Schulze (mit Kopfhörer und einer 807 in der Hand, die heute in seinem KW-Sender noch ihren Dienst verrichtet), daneben Peter, Donald und Harald. Zu seinen damaligen Freunden hat Schulze heute keine Verbindung mehr und kann über sie auch leider nichts mehr berichten.
(Ausriss aus BRAVO vom 15. April 1968 © Bauer Media Group [1])


1 Watt HF-Leistung auf der Antenne
Anfang Februar 1968 war der Sender fertig. Der bestand aus einem freilaufenden Oszillator mit EC92 und einer HF-Endstufe mit EL84, die etwa 1 Watt HF-Leistung auf die Antenne brachte. Das ganze war auf ein offenes U-förmig gebogenes Aluminiumchassis von etwa 20 cm Länge montiert. Moduliert wurde der Oszillator mit der NF auf einer Kapazitätsdiode im frequenzbestimmenden Kreis des Steuersenders. „Das lief alles erstaunlich stabil, und die Qualität der Modulation war ausgezeichnet.“ Als Antenne diente eine Fernsehantenne für Band I, deren Elemente verkürzt wurden, um sie an die Sendefrequenz von 101,5 MHz anzupassen. „Die Abstimmung der Endstufe auf die Antenne erfolgte ganz klassisch mit der Lämpchen-Methode.“ Die Reichweite das Senders kontrollierte das Quartett, in dem man das Stadtgebiet mit einem Kofferradio „abklapperte“. „Unser ,Radio Moosach´ war eigentlich überall in der Stadt gut zu empfangen. Die Post behauptete später, dass wir manchmal sogar bis Augsburg zu hören waren.“

44 Tage „On Air“
Am 3. Februar 1968, um Punkt 17 Uhr startete das Piratenprogramm, die erste Platte, die aufgelegt wurde, war „Magical Mystery Tour“ von den Beatles. Von da an war der Sender in Schulzes Wohnung im dritten Stock der Bautzener Straße 6 c regelmäßig „On Air“. „Meine Mutter hatte natürlich keine Ahnung, was wir da so trieben.“ Weil ihr Sohn und seine Kameraden seit Jahren an Radios bastelten, kam sie auch nicht auf die Idee, dass im Jungenzimmer eine illegale Sendestation betrieben wurde. Jeder der vier damals 15 und 16 Jahre alten Funkpiraten hatte seine Aufgaben: Klaus-Peter, genannt „Pete“ fungierte als Chef sowie Intendant, Peter und Harald waren die Disk-Jockeys, Donald, genannt „Duck“, arbeitete als Techniker. 44 Tage sendeten sie täglich drei bis fünf Stunden Beatmusik, aber auch populärwissenschaftliche Vorträge über radioaktive Strahlen und Geigerzähler. „Das fand aber beim Publikum keinen großen Anklang“, gibt Schulze heute zu. „Beliebt war dagegen unsere Hitparade am Samstag Abend, für deren Platzierungen wir unsere Freunde und Arbeitskollegen befragt haben.“ Das Quartett wechselte sich bei der Moderation ab, und man meldete sich unter den Stationsnamen „Blue Tiger“, „Jolly Roger“ „Piratensender Moosach“ und „The Fantastic Radio Station GOMA“.

Endgültiger Sendeschluss um 20:46 Uhr
Das Ende der „Piratenwelle“ aus Moosach kam am 18. März 1968 um 20:46 Uhr. Man sendete gerade „Tin Soldier“ von den Small Faces, als es an Schulzes Wohnungstüre klingelte. Die Mutter öffnete. Zwei Herren des Messdienstes der Post sowie zwei Polizisten standen vor der Türe. „Sie woll´n bestimmt mit meinem Buam reden, der bastelt grad mit seinen Freunden in seinem Zimmer“, sagte die Mutter und zeigte auf die Türe mit dem Pappschild „Unbefugten Zutritt streng verboten“. Die Herren traten trotzdem ein und ertappten das Quartett in Flagranti, das gerade dabei war, ein Tonband mit dem Mitschnitt der aktuellen Fernsehsendung „Beatclub“ einzulegen, um es der Fangemeinde zu Gehör zu bringen. Statt Beatmusikübertragung trat sofortige Funkstille bei „Radio Moosach“ ein. Die Ordnungshüter beschlagnahmten Sender, Verstärker, Plattenspieler und Schulzes 62 Schallplatten. „Der Verlust der Schallplatten hat mich damals am schwersten getroffen“, meint Schulze noch heute. Nach etwa vier Jahren bekam er die Anfrage, ob er seinen Sender oder seine Platten zurück haben möchte. „Natürlich habe ich die Platten gewählt. Einen Sender hätte ich ja problemlos jederzeit neu bauen können.“
„Ich bezweifle, dass die Postler unseren Sender direkt angepeilt hatten, denn das ist in dicht bebautem Gelände nicht ganz einfach“, vermutet Schulze. „Wahrscheinlich hat ein Funkamateur aus der Nachbarschaft einen Tipp gegeben.“ Der stand zusammen mit dem Funkmessdienst und den Polizisten am 18. März auch vor der Türe. „Die Postler und Polizisten waren erstaunt, ja nach meinem Eindruck sogar ein wenig darüber amüsiert, dass sie keine professionelle Sendercrew, sondern uns vier Buben vorfanden“.

Großes Medienecho
Das Medienecho in den folgenden Tagen war überwältigend: Alle großen Tages- und Boulevard-Zeitungen in der Region München, von der „Süddeutschen Zeitung“ bis zur „Bild-Zeitung“ [2 … 6], berichteten über den Piratensender, und das Jugendmagazin „BRAVO“ brachte in der Ausgabe vom 15. April 1968 sogar eine größere Reportage über die vier Funkpiraten [1]. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk interessierte sich für die Funkpiraten: Der Bayerische Rundfunk lud das Quartett als Gäste in die Jugendsendung „Pop-Shop“ ein, die am 23. März 1969 ausgestrahlt wurde. Hier wurden Aufzeichnungen mit Ausschnitten aus den Moosacher Piratensendungen abgespielt und das Publikum belehrt, dass es nicht möglich sei, dass jeder einfach einen Sender betreiben kann. Außerdem zeigte man den vier Piratenfunkern bei einem Rundgang durch das Funkhaus „wie man eine richtige, ordentliche Sendung macht“, so der damalige BR-Jungendfunk-Redakteur Rüdiger Stolze [7].

Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt
Kein Medium berichtete damals darüber, wie es in der Geschichte weiterging. „Ein paar Wochen später gab es eine Verhandlung vor dem Jugendgericht wegen Verstoßes gegen das Fernmeldeanlagengesetz (FAG). Meine Mutter hat während der gesamten Verhandlung im Gerichtssaal herzzerreißend geheult. Das hat den Richter wohl irgendwie beeindruckt“, so Schulze. „Ich hatte den Eindruck, dass er außerdem der Meinung war, dass man den technischen Forschungsdrang junger Leute, wie wir es waren, nicht bestrafen, sondern eher fördern solle.“ Das Verfahren wurde kurzerhand wegen Geringfügigkeit eingestellt. Schließlich war ja niemand geschädigt worden. „Die Behauptung, dass unser Sender den Flugfunk oder den Funkverkehr von Polizei, Feuerwehr oder Rettungskräften gestört haben könnte, erwies sich als völliger Unsinn. Unser Sender war trotz einfacher Bauweise frequenzstabil und strahlte keine unerwünschten Harmonischen ab.“

Hobby wurde zum Beruf
Nach Abschluss der Geschichte kündigte Schulze seine Lehrstelle bei der Post. „Ich wurde nicht, wie berichtet, wegen der Schwarzfunkerei von der Post rausgeschmissen. Mir ist damals klar geworden, dass ich den Rest meines Lebens nicht in Erdlöchern verbringen wollte, wo ich Kabel spleißen und Muffen verlöten müsste. Es war mein Wunsch, irgendetwas mit Hochfrequenztechnik zu machen.“ Schulze begann eine Radio- und Fernsehtechniker-Lehre beim Fernsehgeschäft Schubert in Schwabing. Nach Abschluss der Ausbildung war er noch eine kurze Zeit bei Quelle im Kundendienst beschäftigt und wurde danach zur Bundeswehr eingezogen. Auch hier hatte er mit Funktechnik zu tun: Er verbrachte vier Jahre als Zeitsoldat an verschiedenen Standorten mit der Wartung von militärischen Funkgeräten und Funkfernschreibeinrichtungen.

Bild 2. Klaus-Peter Schulze OE7PSH heute vor seiner Amateurfunkstation: „Die Sucht nach allem, was HF ausstrahlt, hat mich nicht mehr losgelassen...“. Vielleicht hat er seinen Sohn auch schon damit infiziert. (Bild: K.-P. Schulze)

Bild 2. Klaus-Peter Schulze OE7PSH heute vor seiner Amateurfunkstation: „Die Sucht nach allem, was HF ausstrahlt, hat mich nicht mehr losgelassen…“. Vielleicht hat er seinen Sohn auch schon damit infiziert. (Bild: K.-P. Schulze)


Inzwischen war Schulze auch wieder „auf Sendung“, diesmal aber ganz legal, denn 1974 hat er die Prüfung als Amateurfunker abgelegt und war unter dem Rufzeichen DG1MQ qrv.
Nach der Zeit beim „Bund“ studierte Schulze an der FH München Elektrotechnik, Fachrichtung Nachrichtentechnik, die er 1982 als junger Ingenieur verließ, um seine berufliche Karriere beim Münchener Sender der „Voice of America“ im technischen Dienst zu beginnen, wo er am Standort Ismaning 19 Jahre arbeitete. Nach der politischen Wende 1989 wurde beschlossen, den Sender von München nach Prag zu verlegen, und Schulze suchte sich ein neues Betätigungsfeld im technischen Betrieb „im Power-Bereich“ einer anderen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt. Heute lebt er in Österreich und ist auf den Amateurfrequenzen unter dem Rufzeichen OE7PSH anzutreffen. „Natürlich mit selbstgebauten Geräten und in CW“.
An seine Vergangenheit als Funkpirat erinnert sich Klaus-Peter Schulze heute mit einem Schmunzeln. „Ja, die Sucht nach allem, was Hochfrequenz ausstrahlt, hat mich seit dem bis heute nicht losgelassen…“

Quellen
[1] o. V.: Beat-Funkstille. BRAVO Nr. 16 vom 15. April 1968, Seiten 25 – 28.
[2] Doenike, U.: „Radio Moosach“ schweigt. Piratensender ausgehoben. Abendzeitung, München vom 20.03.1968.
[3] o. V.: Piratensender „Blue Tiger“ verstummt. Süddeutsche Zeitung vom 20.03.1968.
[4] Mahkorn, R.: Piratensender „Blue Tiger“ schweigt. Bild München vom 20.03.1968.
[5] o. V.: Jagt auf den „blauen Tiger“. Münchner Merkur vom 20.03.1968.
[6] o. V. Postlehrling als Sendeleiter. Schrobenhausener Zeitung (Donau-Kurier) vom 20.03.1968.
[7] o. V.: Jugendfunk: Ätherpiraten zu Gast im „Pop-Shop“. Abendzeitung, München vom 23.03.1968.

Autor: Peter von Bechen
Der Beitrag wurde erstmals veröffentlicht in der Zeitschrift „Funkgeschichte“ Nr. 203 (2012), Publikation der GFGF e. V. (www.gfgf.org), Seiten 82 – 87. Diese Zeitschrift ist nur im Rahmen der GFGF-Mitgliedschaft zu beziehen.

Piratensender: Die Gesetzeslage gestern und heute
Das seit 1928 gültige „Gesetz über Fernmeldeanlagen“ oder kurz „FAG“ regelte bis 1997 den Funkbetrieb. Nach diesem Gesetz hatte in Deutschland der Bund die ausschließliche Fernmeldehoheit (§1). Das Recht, eine Fernmeldeanlage zu betreiben, konnte nur von der Behörde verliehen werden (§2). Funkamateure bildeten hier eine Ausnahme, denn sie haben auf Grund des Amateurfunkgesetzes ein Recht auf Zuteilung einer Genehmigung, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen (Ablegen einer Prüfung, die technische, betriebliche und gesetzliche Kenntnisse nachweist). Wer ohne Genehmigung eine Funkanlage betrieb, machte sich nach §15 FAG strafbar, auch der Versuch wurde bereits bestraft. Das Strafmaß konnte bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug betragen. Illegale Funkanlagen wurden grundsätzlich eingezogen.
Ab 1995 wurde diese Vorschrift im „Postneuordnungsgesetz“ etwas gelockert. Strafbar machte man sich nur, wenn mit dem Betrieb eines Schwarzsenders Leib und Leben eines anderen oder bedeutende Sachwerte geschädigt oder gefährdet wurden.
Das 1998 in Kraft getretene und heute gültige „Telekommunikationsgesetz“ oder kurz „TKG“ löste das „FAG“ ab, damit existiert §15 FAG nicht mehr. „Schwarzsenden“ ist im FAG nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Heute werden die Frequenzen von der Bundesnetzagentur an die jeweiligen Nutzer vergeben. Wer auf einer nicht zugeteilten Frequenz sendet, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit Geldstrafe geahndet werden kann. Ausdrücklich verboten und damit Straftaten sind dagegen die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses, also das unbefugte Abhören von Nachrichten und die Weitergabe der Inhalte an Dritte, sowie der „Lauschangriff“ auf die Privatsphäre mit kleinen Sendern, auch „Minispione“ oder „Wanzen“ genannt. Hierbei werden vom Grundgesetz garantierten Persönlichkeitsrechte in erheblichem Maße verletzt.

Schwarzsender heute eher selten
Nach Auskunft der Bundesnetzagentur ist im Vergleich zu der Zeit zwischen 1960 und Ende der 1980er-Jahre die Zahl der aufgedeckten Fälle von Schwarzfunkerei heute deutlich geringer. Ab und zu gibt es wohl noch Schwarzsender im UKW-Bereich; auf den anderen Frequenzen (MW und KW) sind sie sehr selten geworden. Der wichtigste Grund ist wohl, dass den Leuten, die ihre Botschaften verbreiten wollen, heute mit dem Internet ein leichter zu nutzendes Medium zur Verfügung steht.
Viel häufiger spüren die Funkpeiltrupps Sender auf, die mehr oder weniger unbeabsichtigt auf Frequenzen arbeiten, die anderen Nutzern zugeteilt sind. Das können Geräte sein, die in Deutschland nicht zulässig sind oder auf Grund eines technischen Defektes oder unzulässiger Manipulation auf der falschen Frequenz senden.
Grundsätzlich müssen alle in Deutschland betriebenen Sendegeräte ein CE-Zeichen tragen, sonst sind sie unzulässig und können von der Bundesnetzagentur eingezogen werden. Einzige Ausnahme sind selbstgebaute Geräte lizenzierter Funkamateure, die natürlich strenge Vorgaben bezüglich maximaler Ausgangsleistung, Einhalten der Frequenzbereiche, minimaler Oberwellenabstrahlung und zulässiger EMV-Belastung einhalten müssen.
Heute werden die Funkfrequenzen nicht flächendeckend überwacht. Die Funkmesstrupps der Bundesnetzagentur werden nur dann aktiv, wenn beispielsweise Nutzer zugewiesener Frequenzen Störungen ihrer Dienste melden oder sich Rundfunkteilnehmer über gestörten Empfang beschweren.
Wenn ein illegaler Nutzer auf einer nicht zugewiesenen Frequenz erwischt wird, kann diese Ordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe geahndet werden, deren Höhe von der Schwere des Einzelfalls abhängt (absichtlich, fahrlässig, wurden andere Dienste gestört?, wurden Gefahren für Leib und Leben oder an Vermögenswerten Dritter verursacht?). Neben einer Ordnungsstrafe, die durchaus bis zu einigen Tausend Euro betragen kann, sind unter Umständen auch Schadensersatzansprüche Dritter zu erwarten. Auch der Aufwand, den die Bundesnetzagentur bei Aufspüren des illegalen Senders hatte, kann in Rechnung gestellt werden.
Auch ein anderer Punkt in Zusammenhang mit Piratenfunk kann teuer werden: Wenn man urheberrechtlich geschützte Werke per Funk verbreitet, z. B. Musikkonserven wie Mitschnitte von Sendungen, Schallplatten, CDs, MP3-Musik usw., tritt die GEMA auf den Plan. Die kassiert nicht unerhebliche Beträge, auf die noch ein Aufschlag fällig sein kann, wenn die öffentliche Verbreitung vorher nicht ordnungsgemäß angemeldet war.

Piraten ohne Grenzen
Nicht ganz leicht haben es die Funkmesstrupps im nordwestlichen Grenzgebiet Deutschlands. Niederländische Behörden sind wesentlich liberaler, was das Schwarzsenden angeht. Deshalb gehört Piratenfunk bei unseren Nachbarn wohl zu den beliebten Beschäftigungen. Solange sich niemand gestört fühlt, werden staatliche Aufsichtsbehörden offensichtlich nicht aktiv. Und weil Funkwellen bekanntermaßen vor nationalen Grenzen keinen Halt machen, aber die Bundesnetzagentur nur auf deutschem Territorium aktiv werden kann, ist sie gegen Piratensender in den Niederlanden machtlos.

Weiterführende Literatur

Zum Thema Schwarz- und Piratensender gibt es umfangreiche Literatur. Hier eine kleine Auswahl:
Roth, W.-D.: Piratensender. Geschichte und Praxis. VTH-Verlag, Baden-Baden, 2004. ISBN 3-88180-637-7
Wahl, G.: Piratensender & Zubehör. Funktion und Technik von Schwarzsendern. Franzis-Verlag, Poing, 2003, ISBN 3-7723-5597-8
Schüler, W.: …Fünf…Vier…Ruft…Monitor. Hinter den Kulissen der deutschen Funküberwachung. Franzis-Verlag, Poing, 1999. ISBN 3-7723-5814-4

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