Der „Marconi von Deggendorf“

Die Geschichte des Lehrers und „Radiopioniers“ Theodor Eckert

In den frühen Jahren des Funkwesens waren es nicht nur Forscher, Wissenschaftler und Ingenieure, die wesentliche Beiträge zur Weiterentwicklung der Technik leisteten, sondern auch immer wieder Laien wie der Lehrer Theodor Eckert aus Deggendorf.

Theodor Eckert *11.03.1887, †15.06.1960.

Überall in Deutschland gab es in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Menschen, die von der seinerzeit neuartigen drahtlosen Kommunikation fasziniert waren und damit herumexperimentierten. So auch im niederbayerischen Deggendorf. Hier war es der Lehrer Theodor Eckert (11.03.1887 – 15.06.1960), der neben seiner Tätigkeit als geschätzter Pädagoge an verschiedenen Schulen und als Stadtrat auch als Experte auf dem Gebiet der Funktechnik nicht nur in seiner Heimatstadt bekannt und berühmt wurde.

Geachteter Pädagoge

Ehemalige Schüler beschreiben ihn als strengen Lehrer, der immer großen Wert auf korrekte Rechtschreibung und ordentliche Heftführung legte. Sein Klassenzimmer glich allerdings eher einem physikalischen Laboratorium, denn auch Elektro- und Funktechnik standen in den oberen Klassen auf seinem Lehrplan. Neben dem Fach Deutsch lag ihm insbesondere der Sachunterricht, insbesondere die damals sogenannte „Naturlehre“, am Herzen. In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg waren es chemische und physikalische Experimente, die eigentlich über das Pensum des offiziellen Lehrplans hinausgingen. Bei den Schülern riefen diese großes Interesse hervor, so dass sie ihren Lehrer dafür bewunderten.

Eckerts Klassenzimmer glich einem physikalischen Laboratorium.

Magnetische und elektrische Effekte, die Erzeugung von Elektrizität mit Elementen und Maschinen, die Funktion des Telefons sowie des Morseschreibers und schließlich die damals noch weitgehend unbekannten Funktechnik verstand Eckert anschaulich darzustellen. Er konnte seine Schüler so weit dafür begeistern, dass diese sich sogar nach dem Unterricht intensiv damit beschäftigten. Letztendlich wirkte sich das auch auf die schulischen Leistungen positiv aus, denn er hielt seine Schüler an, ihre Beobachtungen mit Berichten sowie Zeichnungen exakt zu dokumentieren und auch so weit wie möglich mathematisch zu beschreiben [1].

Frühe Funkversuche

Eckert selbst war von Anfang an fasziniert von den Fortschritten, die Wissenschaftler, Forscher, Erfinder und Ingenieure zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Funktechnik machten und bis dahin erreicht hatten. Bereits 1908 hielt er einen Experimentalvortrag im katholischen Presseverein Viechtach, wo er mit seinem großen Funkeninduktor nach Rühmkorff sowie einem Fritter als Indikator für elektrische Wellen drahtlos Signale übertrug und damit das Publikum beeindruckte.

Deggendorfer Rathausturm, links im Hintergrund die Grabkirche . 1912 machte Eckert zusammen mit seinem Freund Karl Danzer hier die ersten Sendeversuche und überbrückte diese Distanz.

1912 machte er zusammen mit seinem Freund Karl Danzer die ersten Sendeversuche vom Deggendorfer Rathausturm zum Turm der Grabkriche. 1916 errichtete er in seiner Heimatstadt eine größere Antennenanlage, die sich vom Turm der Kirche auf dem Geiersberg auf das Gelände des heutigen Soldatenfriedhofs „Gefallenenhain“ erstreckte. Sein Empfangsapparat enthielt einen Detektor aus Grafit und Bleiglanz. Aufnehmen konnte er Zeitzeichen des Senders Nauen, aber auch die teilweise verschlüsselten Telegrafiesignale aus Moskau oder vom Sender auf dem Pariser Eiffelturm. Auch der Empfang von Funksignalen des Luftschiffes „Graf Zeppelin“ gelang angeblich. Sein „Assistent“ dabei war Max Daunderer.

Kaserne des Eisenbahnbattalions in München.

Eckert konnte auch während des 1. Weltkrieges diese Versuche durchführen, denn er war während der Zeit nicht an einer der Fronten, sondern in der Etappe, meistens nicht weit von seiner Heimatstadt entfernt. Zunächst diente er als Pionier in Ingolstadt und beim Eisenbahnbatallion in München. Gegen Kriegsende 1918 kam er zur Infanterie in Straubing und wurde dort noch zum Unteroffizier befördert [2].

Absolutes Funkverbot nach dem Krieg

Nach Kriegsende gründete er 1919 den „Bund der Funkerfreunde“ als lokalen Verein, der aber nicht lange existierte. Wegen der turbulenten politischen Verhältnisse der jungen Weimarer Republik, bei der sich regierungsfeindliche Organisationen der drahtlosen Kommunikationstechnik bemächtigt hatten, verbot die Reichsregierung Zivilisten jegliche praktische Betätigung auf dem Gebiet des Funkwesens, so dass dies bis 1923 ausschließlich staatlichen Stellen wie der Reichspost oder dem Militär vorbehalten war. Privatpersonen durften keinerlei Empfangsgeräte betreiben, und Sender erst recht nicht. Schon der Versuch zum Errichten einer „Funkanlage“ (auch Empfangsanlage) war strafbar [3]. Weil die Vorschriften immer strenger wurden, musste Eckert die Antennenalge, die zwischen dem Turm der Grabkirche und dem Dachreiter der Knabenschule gespannt war, abbauen.

Eckert war während dieser Zeit für das Militär tätig. Auf Grund seiner Kenntnisse wurde er mit der Überprüfung der Kandidaten von Übungen der Standortfunkstelle Passau/Oberhaus beauftragt.

Der Beginn des Rundfunks

Nach langen Diskussionen in der Reichsregierung, beim Militär und bei der Reichspost sowie auf Drängen der Industrie, die Radiogeräte herstellen wollte, wurde im Juli 1923 in Deutschland das Rundfunk-Empfangsverbot für Private aufgehoben. Weil die Post das Fernmeldegeheimnis in Gefahr sah und das Militär Spionage befürchtetet, gab es allerdings wesentliche Einschränkungen: Es durften nur Geräte verwendet werden, die ausschließlich den Wellenbereich zwischen 250 und 700 m (etwa die heutige Mittelwelle) empfangen können und keine Rückkopplung besitzen.

Ausgenommen davon waren Personen, die im Besitz einer „Audionversuchserlaubnis“ waren. Diese erteilte die Reichspost Forschern und Fachleuten sowie Angehörigen von Reichs- und Landesbehörden. Außerdem konnte man durch Vermittlung anerkannter „Funkfreunde-Vereine“ diese „Audionversuchserlaubnis“ erwerben. Es war deshalb erforderlich, dass jeder ernsthaft radiobegeisterte Laie, auch „Radioamateur“ genannt (nicht zu verwechseln mit den heutigen „Funkamateuren“) Mitglied in einem solchen Verein sein musste [4]. So bildeten sich innerhalb kürzester Zeit überall in Deutschland „Radioklubs“, so auch der am 27.07.1923 in München gegründete „Süddeutschen Radio Klub“ zu deren Gründungsmitgliedern Eckert zählte.

Mitteilungen der Süddeutschen Radio-Klubs in der Bayerischen Radiozeitung 1923.
Ausschnitt

Auch in Deggendorf formierte sich, wie in vielen bayerischen Städten, jeweils eine Ortsgruppe des Süddeutschen Radio Klubs. Dachverband für alle Regionalvereine war der „Deutsche Radio Klub“ in Berlin. Aufgabe dieser Vereine war sicherzustellen, dass die Mitglieder in der Lage waren, ihre Empfangsgeräte ordnungsgemäß zu betreiben, ohne andere Funkdienste zu stören. Theodor Eckert bildete zusammen mit Oberpostmeister Eustachius Winkler (Plattling) und Ingenieur Georg Zwinger (Plattling) den Prüfungsausschuss für elektrische und funktechnische Kenntnisse.

Obwohl zunächst offiziell noch kein Rundfunkprogramm in Deutschland ausgestrahlt wurde, setzte sich schnell eine Welle der Radiobegeisterung in der Bevölkerung in Bewegung. Schließlich konnten Sender aus vielen Nachbarländern und die Versuchssendungen deutscher Stationen empfangen werden. Am 29. Oktober 1923 war es dann endlich so weit: Der Rundfunk in Deutschland begann offiziell. Um 20:00 Uhr meldete sich die „Deutsche Stunde“ mit der Ansage: „Achtung! Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin, im Vox-Haus auf Welle 400 Meter. Meine Damen und Herren, wir machen Ihnen davon Mitteilung, dass am heutigen Tage der Unterhaltungsrundfunkdienst mit Verbreitung von Musikvorführungen auf drahtlos-telefonischem Wege beginnt. Die Benutzung ist genehmigungspflichtig!“ [5]. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Deutschland keinen einzigen Teilnehmer mit Rundfunkgenehmigung, aber schätzungsweise 10.000 Schwarzhörer. Am 31.10. meldete sich der Berliner Zigarrenhändler Wilhelm Kollhoff als erster Rundfunkteilnehmer an und musste dafür 350 Millionen (Papier-)Mark zahlen [6]. Auch Theodor Eckert gehörte in jenen Tagen zu den ersten, die in Deutschland eine Rundfunkgenehmigung beantragten. „Schwarzhören“ wäre für ihn als gesetzestreuen deutschen Beamten mit Sicherheit undenkbar gewesen.

Ära des Radiobastelns

Nachdem Radiohören legal war, wünschten sich viele Menschen einen Empfänger. Fertige Geräte waren teuer, nicht zuletzt wegen der nicht unerheblichen Lizenzgebühren, die große Firmen wie Telefunken als Patentinhaber kassierten. Eine Alternative war der Selbstbau. Dazu wurden praktische Anleitungen gebraucht: So erschienen ab 1923 zahlreiche Zeitschriften und Bücher zum Thema Radiobasteln. Auch Theodor Eckert war mit einem Werk dabei: „Audion-Einröhrengerät – Anleitung zum Bau eines Radio-Empfangs-Apparates mit Rückkopplungsschaltung“, das er zusammen mit Ernst Schneebauer verfasste. Es erschien 1924 als Band 94 der Reihe „Spiel und Arbeit“ beim Otto Maier-Verlag Ravensburg [7].

Titel des Buchs „Audion-Einröhrengerät. Anleitung zum Bau eines Radio-Empfangsgerätes mit Rückkopplungsschaltung“.

Bemerkenswert an diesem Büchlein sind der Detailreichtum und die Exaktheit der Beschreibung. Es enthält einen großformatigen 1:1-Bauplan, und selbst der Bau der Anodenbatterie wird genau beschrieben. Hier zeigt sich, dass sich die Verfasser mit Konzept und Konstruktion des Gerätes intensiv befasst haben.

Farbige Konstruktionszeichnung in Frm eines 1:1-Bauplans.

In den folgenden Jahren hielt Eckert viele Vorträge über die Funktechnik vor naturwissenschaftlichen Vereinen, bei Heimatabenden, Rundfunkveranstaltungen oder Ausstellungen und schließlich auch bei einem Funkkurs des Senders München.

Bemerkenswert war auch die Entstörung der elektrischen Anlagen der Sirius-Werke in der Deggerau, für die die Initiative von Eckert ausging, in dem er ein Ansuchen an das Telegrafentechnische Reichsamt in München stellte. Die von dort ausgehenden Störungen bereiteten bis zu ihrer Beseitigung Probleme beim Rundfunkempfang in der weiteren Umgebung.

Das „Eckertsche Gerät“

1930 setzte die Reichsrundfunkgesellschaft anlässlich der Großen Deutschen Funkausstellung in Berlin einen Preis aus für die Entwicklung eines Zusatzgerätes für Radioempfänger zur wirksamen Unterdrückung von Störungen und Vermeiden des Durchschlagen des Nachbarsenders. Theodor Eckert hatte sich schon seit längerem mit diesem Thema befasst und unterschiedliche Methoden zur Lösung dieses Problems experimentell untersucht, z. B. die bis dahin bekannten Filter und Sperrkreise, die allerdings nicht immer den gewünschten Erfolg brachten. Er kam auf die Idee, eine Schaltung zu entwickeln, bei der das Störsignal phasenverkehrt mit dem gestörten Nutzsignal gemischt und so die Störung praktisch ausgelöscht wird. Er machte sich dabei zu Nutze, dass ein Signal an der Anode einer Verstärkerröhre eine Phasenverschiebung von 180 Grad gegenüber der Gitterspannung aufweist.

Schaltung des „Eckertschen Gerätes“. (aus [12])
Verdrahtung des „Eckertschen Gerätes“. (aus[12])

Diesen Effekt setzte er in seiner Konstruktion um, die aus zwei Schwingkreisen besteht, von denen einer auf die Stör- und der andere auf die Nutzfrequenz abgestimmt ist. Das ausgefilterte Störsignal wird mit einer Röhre verstärkt und wirkt phasenverkehrt auf die Spule am Ausgang, an der das Nutzsignal anliegt. Mit umschaltbaren Widerständen lässt sich die Kopplung in dem Netzwerk einstellen. Das Ganze ist in einem Metallgehäuse mit drei Kammern untergebracht, damit die einzelnen Spulen nicht induktiv miteinander koppeln.

Eckert hatte nur zwei Monate Zeit, um sein Mustergerät zu bauen und der Prüfungskommission beim Heinrich-Hertz-Institut zuzusenden. Diese bestand aus Vertretern der Funkvereine, des Heinrich-Hertz-Instituts, des Reichspostzentralamtes sowie der Reichsrundfunkgesellschaft. Auf den heute noch vorhandenen Fotos erkennt man die übersichtliche Konstruktion und den sauberen Aufbau des „Eckerschen Gerätes“, das auch auf der Funkausstellung gezeigt und vom Publikum bestaunt wurde.

Innenansicht des „Eckertschen Gerätes. (aus [12])
Ansicht von unten (aus [12])

In einem Artikel in der „Elektrischen Nachrichtentechnik“ [8] berichtet kein Geringerer als Professor Gustav Leithäuser von der Überprüfung des „Eckerschen Gerätes“ und ist voll des Lobes: „Unter Benutzung des Vorsatzgerätes konnte bereits die Trägerwelle derjenigen Stationen sauber eingestellt werden, die nur 9 kHz Abstand von der Berliner Welle haben. Der Sender Kattowitz, dessen Abstand von Berlin 18 kHz beträgt, konnte einwandfrei aufgenommen werden.“ Und weiter: „Aus diesen Versuchen ersieht man, daß das Vorsatzgerät zur Kompensation außerordentlich wirksam ist. Man sieht aber auch, dass die Einstellung des Verschwinden der Ortssenders eine sehr scharfe Einstellung verlangt, die einige Schwierigkeiten mit sich bringt…“ Auf dieses Problem hatte Eckert allerdings schon bei seinem Bewerbungsschreiben hingewiesen und angemerkt, dass bei einer Verfeinerung der Konstruktion eventuell noch günstigere Resultate erzielbar seien.

Einladung zur Verleihung der Heinrich-Hertz-Medaille vom November 1930. (Bild: Handwerksmuseum Dggendorf)

Die Heinrich-Hertz-Medaille

Die Prüfungskommission vergab dafür den ersten Preis, dotiert mit 500 RM, an Eckert und schlug ihn darüber hinaus zur Verleihung der Heinrich-Hertz-Medaille in Silber vor. Diese Auszeichnung wurde anlässlich einer Festsitzung des Heinrich-Hertz-Institutes und der Reichsrundfunkgesellschaft vom Vorsitzenden der Heinrich-Hertz-Gesellschaft Prof. Dr. K. W. Wagner überreicht. Im Jahr 1930 gab es gleich vier mit der Heinrich-Hertz-Medaille Geehrte: Gold für Prof. Dr. August Karolus, Entwickler der „Karolus-Kerr-Zelle“ zur trägheitsfreien Lichtsteuerung, auf der die erste elektrische Fernsehapparatur basierte, Silber für Theodor Eckert für den Apparat zur Störunterdrückung sowie je eine Bronzemedaille für Dr. phil. Adolf Franke, Mitentwickler des „Franke-Dönitzschen Wellenmessers“ sowie Dr.-Ing. E. h. Paul Mamroth, Mitbegründer der „Deutschen Rundfunk AG“. Neben den Wissenschaftlern und Forschern verlieh die Heinrich-Hertz-Gesellschaft regelmäßig auch Auszeichnungen an Laien, sogenannte „Funkbastler“, weil diese seinerzeit einen nicht unerheblichen Anteil an der technischen Entwickelung hatten [10].

Rückseite der Heinrich-Hertz-Medaille, die Eckert verliehen wurde. (Bild: Handwerksmuseum Deggendorf)

Die Große Deutsche Funkausstellung war schon seinerzeit ein Ereignis, das große Aufmerksamkeit nicht nur bei Fachmedien, sondern auch in der Tagespresse fand. So brachten zahlreiche Zeitungen im In- und Ausland „sehr anerkennende Artikel mit dem Bildnis Eckerts“. Die renommierte „Süddeutsche Sonntagspost“ in München nannte ihn sogar den „Marconi von Deggendorf“.

Die Süddeutsche Sonntagspost nannte Eckert den „Marconi von Deggendorf“

In Deggendorf war man auf Eckerts Leistung mächtig stolz. „An dieser ganz hervorragenden Ehrung für eine epochmachende Spitzenleistung des Geistes nimmt mit dem In- und Ausland auch die Heimatgemeinde des Ausgezeichneten und in kollegialer Mitfreude der gesamte Stadtrat teil,“ so der damalige Bürgermeister Dr. Reus, und weiter „Wir beglückwünschen Hrn. Kollegen Eckert herzlich zu dem großen Erfolge und freuen uns, ihn unseren Mitbürger nennen zu können…“.

Zinnkrug, der Eckert vom Ortsverein der Bayerichen Radio Klubs überreicht wurde.

Natürlich wurde am 25.11.1930 die Verleihung der Heinrich-Hertz-Medaille auch in der Ortsgruppe Deggendorf des Bayerischen Radio Klubs gebührend gefeiert. „Auch bei dieser Gelegenheit fand der Vorsitzende des Stadtrates anerkennende Worte für den um die Stadt sehr verdienten Meister der Rundfunksache,“ so Reus [11]. Der Ortsverein überreichte Eckert als Ehrung einen Zinnkrug mit Widmung.

Die Erkenntnisse, die Eckert bei der Entwicklung seines Vorsatzgerätes gewann, fasste er kurz darauf in dem Büchlein „Das Unversal-Trenngerät“ zusammen, das 1931 als Band 28 in der „Deutschen Radiobücherei“, Berlin, [12] erschien. Hier beschrieb er sehr detailliert die bis dahin üblichen Mittel zur Unterdrückung benachbarter Sender, sein prämiertes Vorsatzgerät und schließlich auch die Möglichkeiten zu dessen Weiterentwicklung. Wie in seinem ersten Buch findet man hier sorgfältig ausgearbeitete Beschreibungen sowie einen großformatigen 1:1-Bauplan

Band 28 der Deutschen Radio-Bücherei. (Sammlung Nietmann)

Das Patent

Weil die Idee Eckerts, die dem Vorsatzgerät zu Grunde lag, durchaus Neuigkeitswert besaß, lag es nahe, ein Patent anzustreben, um bei eventueller kommerzieller Verwendung auch einen finanziellen Nutzen daraus ziehen zu können. In unveränderter Form war „Eckertsche Gerät“ allerdings nicht mehr patentierbar, weil es ja inzwischen schon wegen der zahlreichen Veröffentlichungen allgemein bekannt war. Deshalb ließ sich Eckert eine neue Variante seiner Schaltung einfallen. Er meldete im Mai 1933 ein „Verfahren zur wahlweisen Verwendung einer als Hochfrequenzverstärker dienenden Eingangsstufe eines Empfängers als Verstärker für die Nutzfrequenz oder zur Kompensation von Fremdwellen“ an. Gelöst werden sollte damit das Problem, dass tagsüber lediglich der Ortssender und wenige starke Fernsender zu empfangen sind, nach Einbruch der Dunkelheit dagegen die Zahl der empfangen Stationen so stark zunimmt, dass sie sich kaum voneinander trennen lassen. Seine Schaltung bestand daher aus einer Röhrenverstärkerstufe, die sich mit Hilfe eines Umschalters tagsüber als reiner HF-Vorverstärker nutzen ließ und abends als Kompensationsschaltung zur Unterdrückung störender Sender. Das angeschlossene Radio sollte so am Tag und in der Nacht gleich gut funktionieren. Aus diesem Grunde wählte er für seinen Konstruktion den Namen „Äquinocticum“. Dieser Begriff kommt aus der Astronomie und bezeichnet die beiden Tage im Jahr, in denen Tag und Nacht gleich lange dauern („Tag-Nacht-Gleiche“).

Schaltung des „Äquinocticum“ aus Patentschrift Nr 603 145 von 1934 [13].

Das Patent wurde Eckert im September 1934 unter der Nummer 603 145 vom Reichspatentamt erteilt [13]. Es lässt sich heute leider nicht mehr feststellen, ob seine Schaltung von einer der seinerzeit zahlreichen Radiofirmen genutzt wurde und ob Eckert daraus jemals einen finanziellen Nutzen gehabt hatte.

Späte Ehrungen nach dem Krieg

Eckert war neben seiner Tätigkeit als Lehrer nicht nur in der Funktechnik aktiv, sondern er engagierte sich auch in der Kommunalpolitik. So war er im Stadtrat, zunächst für die „Unparteiische Interessengemeinschaft“, nach 1933 für die NSDAP, deren Mitglied er recht früh geworden war. Hier kümmerte er sich um Maßnahmen zur Verschönerung der Stadt, Schaffung von Parkanlagen und ähnliches. Ab 1938 war Eckert verantwortlich für die Rundfunkstelle der örtlichen Kreispropagandaleitung der NSDAP.

Parteigliederung der NSDAP in Deggendorf 1938
Ausschnitt

Wegen seiner der NS-Parteizugehörigkeit wurde er 1945 beim Eintreffen der amerikanischen Truppen in Deggendorf verhaftet und interniert. Daraufhin wurde er als Beamter aus dem Dienst entfernt. Im Rahmen der Entnazifizierung wurde Eckert in der Gruppe 4 („Mitläufer“) eingestuft. Am 21. Mai 1948 wurde entschieden, dass gegen die Wiedereinstellung des Oberlehrers Eckert an der Volkshauptschule Deggendorf „keine politischen Bedenken“ bestünden. 1950 wurde er wieder in das Beamtenverhältnis berufen, ließ sich aber dann auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzen. 1959 wurde er von seiner Heimatstadt für seine Verdienste mit der Bürgermedaille geehrt.

Bürgermedaille der Stadt Deggendorf (rechts) von 1959 neben der Heinrich-Hertz-Medaille von 1930.
1962 wurde in Deggendorf eine Straße nach Theodor Eckerd benannt. (Bild: Peter von Bechen)

Am 15. Juni 1960 starb Theodor Eckert. Nach seinem Tode wurde eine Straße in Deggendorf nach ihm benannt (1962) und anlässlich seines 80. Geburtstages erhielt die „Alte Knabenschule“, an der er jahrelang Lehrer und Rektor war, den Namen „Theodor-Eckert-Schule“. Nach dem Auszug aus diesem Gebäude wanderte der Name zur neu errichteten Grundschule am Pandurenweg mit.

Ehemalige Theodor-Eckert-Schule, die „Alte Knabenschule“ . Heute Heimatmuseum. (Bild: Peter von Bechen)
Theodor-Eckert-Grundschule am Pandurenweg in Deggendorf. (Bild: Peter von Bechen)

Die Vergangenheit Eckerts in der NS-Zeit wurde bei den Ehrungen und Namensgebungen nicht hinterfragt oder erwähnt. Es gibt allerdings auch keinerlei belastenden Veröffentlichungen oder Aussagen, aus denen hervorgeht, dass er ein fanatischer Nazi war [14].

Im Handwerksmuseum Deggendorf sind heute Gegenstände aus dem Besitz Theodor Eckerts ausgestellt, z. B. seine Auszeichnungen, Original-Schriftstücke und historische Empfangs- und Sendegeräte aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg.

Danksagung
An dieser Stelle herzlichen Dank an folgende Personen, die den Autor bei den Recherchen zu Theodor Eckert mit Informationen und Dokumenten unterstützt haben: Heribert Aichner, Deggendorf, Erich Kandler und Prof. Dr. Lutz-Dieter Behrend vom Stadtarchiv Deggendorf, Ulrike Schwarz M. A. vom Handwerksmuseum Deggendorf sowie an GFGF-Mitglied Willy Nietmann, Büren.

Quellen/Literatur

[1] Kuchler, F.: Meine Erinnerungen an besondere Leut. Verlag Ebner, Deggendorf 2001. ISBN 3-934726-02-X.

[2] o.V.: Vor 20 Jahren starb der Physiker Theodor Eckert. Plattlinger Anzeiger vom 21.06.1980, S. 14.

[3] Günther, H., Fuchs, F.: Der Praktische Radioamateur. Franckhsche Verlagshandlung, Stuttgart 1924.

[4] Koerner, W. F.: Geschichte des Amateurfunks. Koernersche Druckerei und Verlagsanstalt, Gerlingen 1963.

[5] http://www.deutschlandradio.de/achtung-hier-sendestelle-berlin-voxhaus.331.de.html?dram:article_id=260292 (12/2014)

und http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Hörfunks_in_Deutschland (12/2014)

[6] http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Kollhoff (12/2014)

[7] Eckert, Th., Schneebauer, E.: Audion-Einröhrengerät. Anleitung zum Bau eines Radio-Empfangsgerätes mit Rückkopplungsschaltung. Reihe „Spiel und Arbeit“, Bd. 96. Verlag Otto Maier, Ravensburg 1924.

[8] Leithäuser, G.: Bericht über die im Auftrag des Prüfungsausschusses im Heinrich-Hertz-Institut ausgeführte Untersuchung des Eckertschen Geräts. Elektrische Nachrichtentechnik 1930, H. 12, S. 511 – 512.

[9] Eckert, Th.: Zusatzgerät zur Erhöhung der Abstimmschärfe und Verminderung von Störungen. Elektrische Nachrichtentechnik 1930, H. 12, S. 510 – 511.

[10] Börner, H.: Heinrich-Hertz-Medaille ausgegraben. Funkgeschichte 134 (2000), S. 282 – 284.

[11] Stadtratsbeschluss der Plenarsitzung vom 5.12.1930. Protokoll des Stadtrates Deggendorf.

[12] Eckert, Th.: Das Universal-Trenngerät. Neue Filter-, Leit-, Sperr- und Saugkreise. Deutsche Radio-Bücherei Bd. 28. Deutsch-Literarisches Institut J. Schneider, Berlin-Tempelhof 1931.

[13] Patentschrift Nr 603 145. Reichspatentamt, ausgegeben am 22. September 1934.

[14] persönliches Manuskript von Prof. Lutz-Dieter Behrendt, Stadtarchiv Deggendorf.

[15] Kniestedt, J.: Heinrich Hertz. Sonderdruck des Archivs Post- und Fernmeldewesen 1989, H. 1, S. 56.

Heinrich-Hertz-Medaille
Es gab/gibt nicht nur eine Heinrich-Hertz-Medaille, sondern es sind mindestens vierverschiedene bekannt:
1. Die „Heinrich-Hertz-Medaille“, die von der 1924 in Hamburg gegründeten Heinrich-Hertz-Gesellschaft verliehen wurde, unter anderem an Alexander Meißner (1925), Jonathan Zennek, Graf Arco und Hans Bredow (1926), Max Wien (1927), Heinrich Barkhausen (1928), Karl-Willy Wagner (1929) und schließlich 1930 an August Karolus und neben weiteren auch an Theodor Eckert. Dann gab es von dieser Gesellschaft keine Medaillen mehr. Die Heinrich-Hertz-Gesellschaft erhielt 1934 eine neue Satzung und hieß dann „Gesellschaft zur Förderung des Funkwesens e.V.“ Der Name „Heinrich Hertz“ musste in der NS-Zeit wegen dessen jüdischer Abstammung abgelegt werden [10].

2. Aus Anlass des 150-jährigen Bestehens stiftete die Universität Fridericiana, Karlsruhe, zusammen mit dem Badenwerk 1975 eine goldene Heinrich-Hertz-Medaille, die alle drei Jahre für hervorragende Leistungen auf dem Gebiet der Erzeugung, Verteilung und Anwendung elektrischer Energie verliehen werden sollte [15].

3. Die „IEEE Heinrich Hertz Medal“ wurde von 1988 bis 2001 vom amerikanischen Ingenieurverband IEEE an 14 Wissenschaftler verliehen, die sich um die Hochfrequenztechnik verdient gemacht haben. Danach gab es hier wohl auch keine weiteren Medaillen mehr.

4. Die staatlichen Münzen in Baden-Württemberg geben seit 2007 eine Medaillenserie heraus, die Erfinder des Landes ehrt. 2014 war das Heinrich Hertz. Am 19. Februar 2014 wurde dem Vorsitzenden der Heinrich-Hertz-Gesellschaft, Karlsruhe, (die außer dem Namen nichts mit der 1924 in Hamburg gegründeten Heinrich-Hertz-Gesellschaft gemeinsam hat) eine solche Medaille übergeben.

Autor: Peter von Bechen
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht in der Zeitschrift „Funkgeschichte“ Nr. 219 (2015), Publikation der GFGF e. V. (www.gfgf.org), Seiten 14 – 20. Diese Zeitschrift ist nur im Rahmen der GFGF-Mitgliedschaft zu beziehen.

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